Ohne Auto Leben – Mobil in die Zukunft

Mit großem Interesse verfolge ich Themen wie Elektro-Mobilität, autonomes Fahren, Car-Sharing und diverse gesellschaftliche Diskussionen über die Zukunft der Mobilität allgemein. Das hat auch einen ganz einfachen Hintergrund. Mein Kleinwagen wird jetzt bald 10 Jahre alt und der Plan ist eigentlich, dass das das letzte Auto ist, das ausschließlich ich und mein nächstes Umfeld nutzt.
Doch hoffe ich, es dient mir noch einige weitere Jahre zuverlässig, da eine Wende in der Mobilität viel zu langsam voranschreitet…

Für mich ist ein Auto schon immer ein Gebrauchsgegenstand gewesen. Einfach nur ein Objekt, das mich trocken von A nach B bringt. Hauptsächlich für Ziele die über Öffentliche Verkehrsmittel oder mit dem Fahrrad nur sehr umständlich zu erreichen sind. Im Vordergrund stand immer Zuverlässigkeit, etwas Stauraum, wenig Verbrauch und geringe Nebenkosten. Habe nie die Menschen verstanden, die all ihr Geld in ihr Prestigeobjekt investieren, nur um protzend durch Orte zu rollen oder langsamere Verkehrsteilnehmer auf den Autobahnen einzuschüchtern.
Die Politik definiert immer niedrigere CO2 Grenzwerte, gleichzeitig jedoch steigt der Ausstoss Jahr für Jahr weiter an, da die Masse der Gesellschaft nach noch größeren SUVs und noch mehr PS giert…

Das Fahrrad in einer Stadt wie Nürnberg ist derzeit keine wirkliche Alternative für mich. Zum einem stellt der Vermieter hier nicht ausreichend sichere überdachte Abstellmöglichkeiten zur Verfügung, zum anderen bin ich meist sehr flott unterwegs – ist kein Radweg vorhanden verteidige ich aggressiv und selbstbewusst meine 2 qm Fahrspur. Trotz vorausschauendem umsichtigen defensiven Fahren kam es zu viele brenzliche beinahe-Situationen, dass ich schlicht die Lust und den Mut verloren habe als Radfahrer am offensiven Stadtverkehr teilzuhaben.
Da muss sich etwas tun!! Okay, hier und da sieht man die eine oder andere Maßnahmchen oder liest über eine homöopathische Erhöhung der Ausgaben für den Radverkehr, aber radikale Schritte die wirklich etwas verändern bleiben aus. Gleichzeitig wird an einem 700 Millionen Euro Projekt geplant, damit die Autofahrer 10 Minuten Fahrzeit einsparen… anstatt das Geld sinnvoll in die unausweichliche Mobilitätswende zu investieren.

Ich behaupte, wer in einer Stadt wohnt, lebt und arbeitet, der braucht kein Auto. Geht man vor die Tür, fühlt man sich bestätigt. Viele Autos, mein Kleinwagen eingeschlossen, stehen oft wochenlang unbewegt an einem und dem selben Parkplatz. Auch Studien besagen, dass ein Auto im Durchschnitt nur 1 Stunde am Tag bewegt wird… warum werden sie überhaupt als “Fahrzeug” bezeichnet?! Gleichzeitig, beobachtet man den fließenden Verkehr, sitzt in so gut wie jedem Auto nur eine einzelne Person…
Dank des gut ausgebauten Öffentlichen Nahverkehrs innerhalb der Ballungszentren kann man sich durch aus gut vorstellen ohne Auto zu leben, vor allem als Besitzer eines VGN Jahres-Abos. Aber, kürzlich hatte ich Besuch von meiner Familie, das Wetter war schön und lud zu einem Spaziergang ein. Idee, geschwind mit der U-Bahn zur Wöhrder Wiese fahren und die Sonne genießen – nein, denn dieser Ausflug hätte uns über 70 Euro gekostet. Somit blieben zwei Optionen, mit dem Auto hin fahren oder hier im Stadtteil spazieren gehen..

Was aber, wenn man doch mal ein Auto für ein Ziel benötigt, das nicht so ohne weiteres mit den Öffentlichen Nahverkehr erreichbar ist? Da stellt Car-Sharing eine Lösung dar. Das aktuelle Angebot hier in Nürnberg hatte mich ein wenig überrascht. Man muss nur noch 1-3 U-Bahn-Stationen fahren, um ein Shared-Car zu erreichen und nicht, wie noch vor einem Jahr, erst quer durch die Stadt mit den Öffentlichen fahren. Hier tut sich was. Das Angebot durch Anbieter wie Scouter, Getaround, Greenwheels oder Flinkster steigt und wird immer interessanter. Sobald man jedoch die Suche einschränkt, beispielsweise ein Kleinwagen, für Samstag von 11 bis 20 Uhr, dann sieht die Sache wieder anders aus und wird leider sehr schnell sinnfrei. Nicht auszumahlen, wie es aussieht, wenn es sich um den ersten warmen sonnigen Samstag im Frühjahr handelt und man spontan zum See fahren möchte..

Wir leben, und das nun schon viel zu lange, in einer autogeprägten Gesellschaft und einem Land in dem die Autolobby die Wirtschaftspolitik diktiert. Leider mit solch tiefgreifenden Auswirkungen, dass an einem schnellen Wandel der Mobilität nicht zu denken ist. Klar, einzelne werden es schaffen aus diesem System auszubrechen, aber die große Masse der Gesellschaft? Das wird Generationen dauern.

Aber was wäre wenn… stellen wir uns einmal vor es ist das Jahr 2049, das rückständige, schmutzige, teure Autozeitalter haben wir vor wenigen Jahren hinter uns gelassen, ich verlasse unser Haus und befinde mich in einem Park, anstatt parkende Autos und eine breite Straße befinde ich mich auf einem Grünstreifen, der sich durch das komplette Viertel zieht, lediglich unterbrochen von einem breiten Rad- und Fußgängerweg. Mein Ziel, der Brombachsee. Wo ich früher ein Auto benötigt hatte, nutze ich heute eine autonome elektrisch angetriebene herstellerneutrale Kapsel. Über ein Device der Zukunft habe ich bereits den Start, das Ziel und die Anzahl Sitzplätze meiner Reise in Auftrag gegeben. Als Feedback erhalte ich die Ankunftszeit zurück und, dass ich in Schwabach am Knotenpunkt X in eine andere Kapsel umsteigen müsse. So spaziere ich entspannt zu meiner Startkoordinate wenige hundert Meter entfernt, um dort in meine angeforderte Sammelkapsel einzusteigen. Ein schlauer Algorithmus errechnet die effizienteste Wegstrecke nach Verbrauch und Auslastung und 40 Minuten später, nach einmal umsteigen, erreiche ich staufrei und CO2 neutral völlig entspannt das Ziel.

Ist solch ein Zukunftsbild so abwegig?

Elektromobilität macht in meinen Augen nur Sinn, wenn die Fahrzeuge so viel wie möglich “FAHREN”, andernfalls sind die Herstellungsemissionen (unter anderem der Akkus) viel zu gewaltig, wenn diese 95% ihrer Lebenszeit nur herumstehen.
+ ein privater Besitz eines Fahrzeuges ist nur unter bestimmten Einschränkungen oder Auflagen erlaubt
+ Autonomes fahren ist Standard. Nur noch Oldtimer dürfen selbst gesteuert werden, das auch nur in gesondert dafür ausgelegten Autoparks, denn die allgemeine Verkehrsinfrastruktur ist dafür gesperrt.
+ eine Kapsel für sich privat zu buchen ist möglich, kostet halt einen entsprechenden Aufpreis. Familien erhalten einen Rabatt. Wer es richtig eilig hat, kann mit viel Aufpreis auch eine autonome Flugkapsel buchen.
+ auf Langstrecken schließen sich die Kapseln zu einer Kolonne zusammen, um sich möglichst energiesparend fortzubewegen. Dabei sind auch sehr hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten möglich.
+ für Städte zu Städte-Verbindungen, wie Berlin – Hamburg, können die Kapseln Hyperloops benutzen, um die Wegzeit und den Energieaufwand zu verringern.
+ Dank Automatisierung und Vereinheitlichung zahlt man einen pauschalen Festpreis von 10 Cent pro Kilometer – dabei spielt es keine Rolle, ob man die U-Bahn, eine Kapsel oder den Zug benutzt.
+ Die Kapseln, die nicht unterwegs sind, dienen als Energiespeicher um Schwankungen im Stromnetz auszugleichen
+ und so weiter und so fort..

Vielleicht kommt auch alles ganz anders und es gibt 2049 kaum noch einen Grund seine eigenen vier Wände zu verlassen. Die Arbeit wird zum größten Teil von künstlicher Intelligenz und Quantencomputer erledigt. Erlebnisse, Sport, Interaktionen, Bildung und Medien werden nur noch digital über VR konsumiert. Der Körper selbst befindet sich in einer Art Lebenskapsel mit einer Rund-um-Versorgung. Wozu benötigt man dann noch ein Auto? Was war nochmal ein Auto?
Okay, klingt eher nach Matrix und nach 2149 – die Erde ist oberflächlich dank des nicht erreichten 4 Grad-Zieles nicht mehr bewohnbar, es spielt auch keine Rolle ob sich die Lebenskapsel auf der Erde oder in einem Raumschiff befindet. (sorry, zu viel Science Fiction gelesen)

Oder wie stellst du dir die Mobilität im Jahre 2049 vor? :D